Gedächtnis - was heißt das eigentlich? Während man über die Frage so nachdenkt, findet man keine klare Formulierung zur Beantwortung. Auch Kulturwissenschaft und Geschichte haben das Thema ausführlich behandelt, die Psychologie hat wesentliche Beiträge zur Weiterentwicklung verschiedener Theorien geliefert und dennoch - einig ist man sich keineswegs.
Bereits seit längerer Zeit kursiert die Differenzierung zwischen kulturellem und kommunikativem Gedächtnis. Was auf den ersten Blick unlogisch erscheint, kann nur deutlich werden, wenn man den alltagssprachlichen Begriff verlässt (So verhält es sich auch mit der Bedeutung von "Realität", dies hier auszuschmücken, würde aber zu weit führen). Um die Unterschiede zwischen den Gedächtnisbegriffen zu verdeutlichen, möchte ich wie folgt beginnen:
Jede Gesellschaft benötigt Erinnerung um sich zu konstituieren. Erinnert wird jedoch nicht Geschichte - welche "Clique", um die Theorie auf eine Kleingruppe zu übertragen, würde sich schon auf ihre chronologische Entwicklung besinnen? Vielmehr sind es subjektiv ausgewählte Ereignisse, die sich der Einzelne erneut vor Augen führt. "Auswählen" heißt jedoch, dass eine Vollständigkeit in keinem Fall vorliegen kann. Etwas zu erinnern bedeutet demnach auch - etwas anderes zu vergessen. Aber was wird erinnert und was vergessen? Wer entscheidet über die Bedeutsamkeit von Ereignissen? Als logische Folge der bisherigen Ausführungen, können dies nur die Personen sein, die etwas erinnern. Und mit dem, was sie erinnern, setzen sie eigene Ziele und Interessen um. Denkt man die Theorie jetzt weiter, so stößt man letztlich auf die Differenz zwischen Personen und Medien. Medien seien hier nicht bloß Presse und Funk, sondern im weiteren Sinne auch Denkmäler o.Ä. Eben hier kann jetzt die Klärung der "Gedächtnisbegriffe" erfolgen. So ist das kommunikative Gedächtnis auf die übertragenden Personen und einen Zeitraum zwischen 80 und 100 Jahren beschränkt. Alles was über diesen Zeitraum hinaus geht verlässt die alltägliche Kommunikation zwischen Menschen und greift auf eine vergegenwärtigte Erinnerung durch Bilder, Denkmäler, Feiertage usw. zurück (kulturelles Gedächtnis).
Die immense Veränderung der Medien innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte fand bisher kaum Eingang in die Wissenschaft. Verschiedene Psychologen haben versucht besonders den Faktor Internet in ihre Überlegungen einzubeziehen. Vor wenigen Tagen erfolgte die erste Veröffentlichung im "Science"-Magazin.
B. Sparrows Theorie des "transaktiven Gedächtnisses" muss aber von Assmans Theorie (s.o.) deutlich abgegrenzt werden. Die neue Frage ist nicht mehr: "Was wird erinnert?", sondern vielmehr "Was muss man noch erinnern?". Untersuchungen ergaben, dass der Griff zum Internet einem intensivem Nachdenken vorgezogen wird. Besonders bei schwierigen Fragestellungen würden Internetnutzer zuerst an eine mögliche Sucheingabe denken. Ergebnis: Die Menschen lagern Teile ihrer Gedächtnisses aus und nutzen somit das Internet als externen Informationsspeicher.
Bedenkt man die häufig zu hörende Aussage: "Das Internet vergisst nie!", könnte bei der Vereinigung der beiden Theorien zunächst ein Widerspruch entstehen. Letztlich ist dieser aber auszuschließen. Selbst, wenn der Mensch über das Internet anstelle seines Kopfes erinnert, sucht er im "www" nur das, was ihn persönlich interessiert. Durch seine Klicks auf entsprechende Links stuft er den gewählten Artikel hoch, ein anderer Artikel gerät in Vergessenheit. Also alles beim Alten? Eigentlich schon, außer, dass der Mensch seinen eigenen Denkprozess bzw. seine Denkfähigkeit einschränkt. Ob er dadurch an Intelligenz verliert bleibt abzuwarten.
ist schon ein wenig sehr grusselig dieses internet, wer das erfunden hat... und die psychologie is mindestens genauso grusselig.... :-)
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